Über Pfingsten ist der Tunnel wegen Umbauten gesperrt – ein Ersatzprogramm ist angelaufen. Ich höre schon das Rauschen im Blätterwald und das Tönen der Politiker morgen: Der zweite S-Bahn-Tunnel muss schnellstens gebaut werden, damit wir ein sicher funktionierendes System haben. – Ist das wirklich so?
1. Ja, wir haben ein S-Bahn-Problem, aber das nicht allein. Ein schnellerer Verkehr funktioniert nur recht und schlecht, und das betrifft v.a. die Pendler aus dem grösseren Gebiet der EMM (=Europäische Metropolregio München). Die verteilende Schnittstelle mit der U 3 bzw. 6 im Zentrum fehlt. Und die Europa-Fernzüge nach Salzburg und Kufstein und weiter haben einen Krebsgang und Umweg über den lauten Südring zu nehmen.
2. Die S-Bahnen sind durch Pannen im Leitsystem (die Computer sind nördlich der Donnersberger Brücke bzw. in
einem Ostbahnhof (Obf, vgl. Hbf)-Gebäude) allzuoft blockiert, das System zur Auflösung anderer Störungen (laut einer Statistik der mvv zu 82% ausserhalb der Stammstrecke verursacht) ist festgefahren. Und die für die Zukunft zu erwartenden weiteren Aufgaben (Taktverdichtung, neue Fahrgäste..) scheinen unerfüllbar zu sein.
Dieser Artikel wird zeigen, dass das beschlossene Projekt, um dessen Finanzierung (wohl vergeblich) gerungen wird,
keine Lösung bringt, ja eine Gesamtlösung verhindert und das Geld so rausgeschmissen ist.
3. Man erhofft sich den Olympia-Zuschlag und infolgedessen Sondermittel des Bundes, um S-Bahn-Tunnel 2
und S-Bahn-Stammstrecke II bauen zu können. Nur: weder nach Garmisch noch zum Königssee fahren
S-Bahnen, aber es könnten Regionalexpress-Züge/RE´s dorthin fahren; die S-Bahnen hingegen bedienen
den Umsteigeknoten U 3 (mit U 6) zum Olympiazentrum, aber kein einziger RB/RE. Olympia-Besucher müssten
in jedem Falle umsteigen. Hingegen würden die nötigen Ausbauten zwischen Gauting und Garmisch bzw. Traunstein
und Königssee zur RE-Tauglichkeit die Sondermittel verschlingen, zudem widmungsgerecht.
4. Wer sagt, dass das Signal-, Leit- und Steuersystem, das 30 S-Bahnen/Richtung/Stunde in 1 Tunnel nicht bewältigen kann, erneuert und um 1-2 Computer erweitert 36-42 Züge in 2 Tunneln pannenfrei steuern kann? Nur dann könnte ein einziger Zug „die wichtigsten Ziele in der Innenstadt erreichen“. Bei zwei getrennten Steuersystemen für zwei verschiedene Zugarten in je einem Tunnel arbeitet wohl jedes pannenfrei.
Dann wären die Olympiaorte verbunden – aber alle jetzigen und künftigen RE`s erreichten das Zentrum,
alle U-Bahn-Schnittstellen und damit Ziele in anderen Stadtvierteln und Teilen Bayerns (was heute nicht gegeben
ist). Die ganze Schwerpunktregion EMM würde zeit- und kräftesparend durchstrukturiert und belebt.
Die Flughafenanbindung würde im Ansatz verbessert und bei kluger Planung auch die der Messe München.
5. Das S-Bahn-Problem würde sich in Luft auflösen, denn in die S-Bahnen würden nur die Leute einsteigen und auch Platz finden, die die Zwischenstationen/Detailstationen benötigen: Die von den Kopfstationen und Unterknoten zu den Hauptzielen/weiterführenden Schnittstellen wollen, holen wir aus den S-Bahnen heraus in die für sie richtigen RE-Züge. Die von weiter her kommen, sitzen ohnhin schon im richtigen Zug. Natürlich muss der Betrieb der beiden Standbeine aufeinander abgestimmt werden (was heute überhaupt nicht der Fall ist).
Diese Enlastung des S-Bahn-Verkehrs (rechnerisch 21 in Tunnel 1 + 21 RE>s in Tunnel 2; Umstellung bzw Ausbau
selbstverständlich stufenweise und unter Auswertung von Erfahrungen) böte sogar ein Potential für Ausweitungen.
Die etwa 4 Fernzüge nach Östrreich wären leicht unterzubrigen (Durchfahrt durch Marienhof, ev. gesichert durch
Bahnsteigtüren).
6. Voraussetzung: Innenquerschnitt des Tunnels, Luftraum, Steigung, Stromversorgung des Tunnels usw.
müssten schnellstens überprüft werden. Es ist mir unbegreiflich, wieso ich vom Projektleiter zweimal die falsche
Auskunft 8,5 m (so wie Fildertunnel Stuttgart, Gotthard- und Pyreäentunnel) bekommen habe!! Was geht bei 7,5 m?
Da die Finanzierungs der Projektvorlage äusserst zweifelhaft ist, müsste das Europa-Geld für TEN Paris-
Budapest und TEN Berlin-Palermo (München-Salzburg ist als „grenzüberschreitend“ eingestuft! Die Güterzug-
Auftrennung über den Nordring ist national und international kein Präzedenzfall!) sehr willkommen sein! Wenn
Umplanungen (s. Regionalzugs-Verlangen von Landtagsabgeordneten und Stadträten), dann sofort!! So wie
geplant sollte der Tunnel nicht gebaut werden – das ist kein Spatz in der Hand!
Zur Frage der Wolkenkuckucksheime Abzweigung Praterborstei/Tor zum Südosten/Obf siehe meine Artikel im
„alten“ Münchenfenster.
Sollte die Projekt-Verbesserung scheitern, gebe ich nicht nur der Analyse, sondern auch der Therapie der Stadt-CSU (Exmin.Bernhard) recht – Südring und Nordtunnel halte ich für unsinnig.
walter.schober@cablemail.de