Dr. Reiner Bernstein – Kommentar zum Urteil des LG Stuttgart am 22. August 2019
(Robert Tanania) Ich möchte an dieser Stelle auf den Kommentar von Herrn Dr. Reiner Bernstein zu dem Urteil des Landgerichts Stuttgart am 22 August 2019 hinweisen. Der Wortlaut des Kommentars ist wie folgt:
„Das Landgericht Stuttgart hat am 22. August 2019 die Deutsch-Israelische Gesellschaft Stuttgart und Umgebung, vertreten durch ihre Vorsitzende Bärbel Illi, verurteilt, bei Vermeidung eines „vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letzteres zur Vollstreckung am Vorstand, … zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß über den Kläger zu behaupten, zu verbreiten und /oder verbreiten zu lassen:
– „… Dr. Reiner Bernstein, verteidigt die BDS-Kampagne gegen Kritik in einem seiner Vorträge. Ein Vergleich der BDS-Kampagne mit dem NS-Aufruf „Kauft nicht bei Juden!“ sei abwegig, behauptet er ohne Begründung.“
– „Auf unsachliche und völlig indiskutable Weise sprach Dr. Bernstein in Reutlingen von angeblich schon seit Tausenden von Jahren im Land lebenden Arabern, während doch Netanyahu erst vor ein paar Jahren aus den USA gekommen sei. Er negierte die durchgehende jüdische Präsenz in Palästina, auch während der Diaspora, was nicht nur unseriös ist, sondern auch das antisemitische Bild vom Juden als Fremdkörper transportiert.“
– „Darin tischt Dr. Bernstein wieder die Fremdkörper-Legende auf.“
Hintergrund des Urteils ist mein Vortrag „Zwei Staaten adé – was nun?“ im Januar 2019 in der Volkshochschule Reutlingen. Illi hatte behauptet, dass ich bei dieser Gelegenheit auch die „Nakba“-Ausstellung des Vereins „Flüchtlingskinder im Libanon“ begrüßt habe, die im Anschluss an meinen Vortrag eröffnet wurde. Die Beklagte berief sich auf Notizen während meines Vortrages und beschwerte sich schriftlich bei der Stadt Reutlingen darüber, dass ich eingeladen wurde. Als ich sie schriftlich zur Rede stellte und verlangte, sie möge die Klage zurückziehen, wollte sie sich an die Beschwerde nicht mehr erinnern und lehnte meine Forderung ab.
Vor Gericht vertreten wurde ich durch Rechtsanwalt Ahmed Abed (Berlin), die Gegenseite hatte den Berliner Anwalt Norman Nathan Gelbart eingeschaltet. Dieser hatte sich auf Artikel 5 Abs. 1 des Grundgesetzes berufen, weil mich die Behauptungen der Beklagten nicht in meinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzen würden. Da das Stuttgarter Gericht ein Anerkenntnisurteil gefällt hat, entfällt die zweite Instanz.
Es gibt noch Richter in Deutschland
Mein besonderer Dank gilt den drei Richtern. Sie haben eine Sippenhaft abgelehnt, auf der die Gegenseite beharrt hatte: Meine Ehefrau Judith Bernstein, die jüdische Sprecherin der Jüdisch-Palästinensischen Dialoggruppe München, hatte vor einigen Jahren eine Erklärung mitgetragen, welche unter Verweis auf die israelische Besatzungspolitik und die schweren Verletzung der Menschenrechte der Palästinenser – erfüllen ihre Ansprüche den Tatbestand des Antisemitismus? – sowie auf den Sekundärstatus der arabisch-palästinensischen Staatsbürger Israels (er ist vom „Nationalstaatsgesetz für das jüdische Volk“ im Sommer 2018 bestätigt worden) die zivilrechtlich getragene internationale BDS-Kampagne unterstützt. Sie lieferte im Dezember 2017 dem Münchner Stadtrat die vermeintliche Legitimation, der Dialoggruppe künftig kommunale Räume für Veranstaltungen zu verwehren. Diese Entscheidung hat manche Münchner Inhaber und Pächter von Lokalitäten veranlasst, der Dialoggruppe Räumlichkeiten zu verwehren, weil sie den Antisemitismus-Vorwurf fürchten.
Mit dem Stuttgarter Urteil liegt ein Präzedenzfall vor: Versuche des Rufmords, der Schmähkritik und der Verleumdung können nicht das Recht der Meinungsfreiheit geltend machen. In ihrer Bewertung haben die Richter festgehalten, dass die Anti-BDS-Erklärung des Bundestages vom 17. Mai von Angeordneten und von Medien strittig beurteilt worden ist. Damit ist gleichzeitig bekräftigt, dass sich die israelische Regierung nicht darauf berufen kann, Kritik an ihr als Form des Antisemitismus zurückzuweisen.“