Das traditionelle Treffen wurde diesmal von den besonderen Herausforderungen durch die anstehenden Wahlen im Staat und in der Stadt geprägt: Man richtet sich auf sie aus, formuliert die Wahlkampfthemen. Kandidat Dieter Reiter wurde stark akklamiert, aber selbstverständlich stand die Rede des Seehofer-Herausforderers Ude im Mittelpunkt. Aber auch Ulrich Pfaffmanns Begrüssungsrede machte Eindruck: Schon er machte die Ausrichtung deutlich:“Auch wenn die Wirtschafts-Daten so schlecht nicht sind – ständige Arbeit und Gerechtigkeit sind nicht die Stärken dieser Regierung!“ Also: Nichts schlechtreden – aber tatsächliche oder vermeintliche Mängel angreifen! Bipolarität!
Bei Ude gipfelte dies in die Formulierung: „Dieses wunderbare und wirtschaftlich florierende Land muss man endlich ins Gleichgewicht bringen!“ Und neben dieser Stilfindung
stehen das Mutmachen (Die Chancen sind groß! Lasst Euch von den demoskopischen Prognosen nicht entmutigen – ich sage Euch Gegenbeispiele!) und
die Mobilmachung: Das Rennen ist noch nicht gelaufen! Kommt von der Tribüne runter – niemand hat Euch ein Spektakel versprochen! Ihr müsst zu Akteuren werden!
zu 1: Pfaffmann: Von glänzenden Statistiken haben die Menschen nichts – wenn sie nichts vom Wohlstand haben! 40 % ist die Zahl der atypischen Beschäftigungsverhältnisse: Minijobs, Werkverträge,
Leiharbeiter. Ein regional unterschiedlicher Mindestlohn muß her! Eine Grundsicherung! Kinder werden immer mehr zum Armutsrisiko – 10 % mit jedem Kind! Der Umgang mit der Pflegebedürftigkeit muss
kontrolliert werden: Die Pflege ist nicht auf privater Basis zu sichern, sondern auf Grundlage einer solidarischen Gesellschaft! Soziale Gerechtigkeit, Fairness, Solidarität müssen Kernpunkte der politischen Auseinandersetzung und der Aussagen sein, machen Bayern zu einem liebenswerten Land!
Ude: Wir müssen frohen Mutes über Inhalte reden! Das sozialdemokratische Projekt ist gesamtgesellschaftlich notwendiger denn je, und da ist die SPD eine Zukunftswerkstatt für Deutschland, kein Auslaufmodell! – hat 3 Grundzüge :
1. Bewältigung der aus den Fugen geratenen Finanzwelt, Bändigung der Märkte und Investoren („die sich als die Herren aufspielen ohne ein Mandat erhalten zu haben“)
2. Bildungsgerechtigkeit –
und den 3. blieb er den Zuhörern schuldig.
Bei ersterem hätten die Parteien sprachlich-rhetorisch viele Gemeinsamkeiten, aber bei der Finanzmarktregulierung sei hinten bisher nur heisse Luft herausgekommen.l.600 Milliarden habe man für die Rettung der Banken ausgegeben, zusätzlich 2.000 Milliarden für Konjunkturprogramme (um die Realwirtschaft wieder in Schwung zu bringen) – das belege die Dimensionen und Aufgabenstellungen. Aber wer die Stoßrichtung der Politik nicht verstehe, sei falsch in einem Regierungsamt.
Der Wettbewerbsvorteil der Grossen (so gross, dass nur Staaten sie retten können) müsse abgeschafft werde, die Profiteure an den Bewältigungsmaßnahmen beteiligt werden, die Banken selbst einen Fond speisen, die Eigentümer für die eingegangenen Risiken haften, das Investmentbanking von der Tätigkeit der Geschäftsbanken getrennt werden … Darüber solle Herr Steinbrück sprechen und die Gehaltsfragen den Gewerkschaften überlassen.
Bei der Bildung sei Bayern insofern das Schlusslicht, als die Chancen der Kinder vom Geldbeutel der Eltern abhinge, vom Krippenalter an. Es sei eine Schande, dass das wohlhabendste Land derartig armselig scheitere. In der Region leerstehende Schulneubauten – weil die Kinder mit Bussen in Schulen gekarrt würden, die der CSU genehm seien (reine Hauptschulen/Realschulen/Gymnasien -verbohrt gegen Schulmodelle und gemeinsame Erziehung in Gemeinschaftsschulen, gegen den Ausbau der Ganztagsschulen, gegen die Orientierungsstufe – aber für das Zwangsangebot 8-stufiges Gymnasium). Die Studiengebühren seien der Versuch von Schwarz-Gelb, die Bildungskosten zu reprivatisieren (Aufruf zur Unterschrift!) zugunsten der Chancen der Wohlhabenden.
Die SPD regiere ohnehin schon, weil Seehofer in zahlreichen Drehungen i h r e richtigen Themen abschreibe. „Es gibt eine Wechselstimmung in Bayern, wenn selbst der Ministerpräsident am laufenden Band seine Meinung ändert!“ Oder sei das hohe Regierungskunst, die Opposition dauernd in Verlegenheit bringen zu wollen, damit ihr die Themen ausgingen?!?
Wie er in Mailand, Frankfurt und Stuttgart geraten habe, werde er I n h a l t e aufs Land tragen. Dann werde auch ein „Großstadtbürgermeister“ gehört!
walter.schober@cablemail.de wünscht viel Vergnügen! Und etwas Nachdenklichkeit den jetzt Regierenden!