Zum bisherigen Scheitern und über die Reaktionen
Zum bisherigen Scheitern und über die Reaktionen

Zum bisherigen Scheitern und über die Reaktionen

Es ist einiges Wahres daran an der Aussage „Die Deutschen reagieren auf vieles hysterisch“ – auf alle Fälle undifferenzierend, wenig überlegt, wenig hinterfragend, vorschnell. Insbesondere Zahlen werden nicht korrekt herangezogen/verglichen/ausgelegt.
Davon ist die Presse nicht ausgenommen.

A. Anmerkungen

Was bei der praktizierten Form der „Sondierungsgespräche “ passiert ist und wie die Rolle der Parteien zu bewerten ist, kann man letztlich nur beurteilen, wenn man eine Auflistung der jeweiligen Zugeständisse/Abstriche von ursprünglichen Forderungen und Bedingungen/Kompromissvorschläge vorliegen hätte und sie bewerten könnte:
wie echt, weitgehend, tiefgehend sie waren – oder eher verbrämte Scheinzugeständnisse.

Ich frage zB die Grünen, was wirklich hinter der Behauptung steht „Wir sind sehr weit gegangen, bis zur Schmerzgrenze und daüber hinaus, waren bis zur letzten Sekunde kompromissbereit, ja bereit, noch weiter zu gehen – wie man nicht mehr gehen kann“.
Wo haben sie wirklich Forderungen zurückgenommen, was haben sie wirklich substantiell zugestanden? Das wurde nicht ausgesprochen!
Die Aussage des Scharfmachers in ihrem Team am Montag „Es lagen sehr, sehr gute Dinge auf dem Tisch“ ist sehr verräterisch.

Ich halte die Schuldzuweisung an Hr. Lindner für sehr fraglich. Die FDP hat – soweit mir bekannt – die „große Steuerreform“ zurückgenommen, hat die Soli-Abschaffung auf eine Etappenlösung bis 2021 umgestuft, sie hat deutliche Kompromissvorschläge gemacht. E r hat wörtlich zugestanden, daß „eine 11%-Partei nicht einer ganzen Republik den Kurs vorgeben“ könne.
Am Sonntagmorgen soll Lindner in der Zuwanderungsfrage die Position der Union bejaht und vorgeschlagen haben, die Frage des Familienzuzuges im Rahmen eines Zuwanderungsgesetzes zu regeln – aber die Grünen lehnten ab (wie auch anderes). Frau Merkel unterstützt ihn nicht – und mit der 8,9%-Partei wird den ganzen Tag weiterverhandelt: Diese wollte ihre Sicht durchdrücken, den Zuzug nicht einmal in ihre vage „atmende Obergrenze“ einrechnen. –
So würde ich den Ausstieg der FDP verstehen!

B. Grundsätzliches: Parteienprogramm und 2 Gewichtungen

1. In eine Wahl geht jede werbende Partei mit einem Wahlprogramm: Dieses formuliert ihre Ziele und (hoffentlich) Verwirklichungsvorstellungen. Es zeigt also ihr spezielles Profil – dazu ihre Personalvorstellungen.

2. Dieses Prgogramm wird von den Wählern gewertet: Die Prozentzahl drückt die Zustimmung der Gesamtbevölkerung aus.
3.Bei einer allfälligen Regierungsbeteiligung muß folglich diese Bewertung berücksichtigt werden.
Bei einer „Sondierung“ werden die großen Ziele und die Detailziele zusammengetragen, gereiht. Bei Widersprüchlichem muß festgestellt werden, ob die widersprechende Partei bereit wäre, die gewichtete Mehrheit zu respektieren, Beschlüsse zu akzeptieren.
Dabei wird es dann faktisch um den Z e i t f a k t o r gehen: Langzeitziele (mehrere Regierungsperioden) – bis Ende der eigenen Regierungszeit – Unteretappen vielleicht sogar (in der Sondierung nur die grundsätzliche Zustimmung dazu).
Dies ist die zweite Gewichtung der Parteiprogramme.
Die Mehrheitspartei wird vernünftige Vorstellungen aufnehmen bzw. als Wunsch eines Bevölkerungsteiles einzubauen versuchen (in den folgenden „Koalitionsgesprächen“).

Frau Merkel hat infolgedessen den falschen Ansatz gewählt, wenn sie jedem allfälligen/benötigen Partner sein „spezielles Profil erkennbar zugestehen“ wollte. Da war zu erwarten, daß jede Partei ihre „Wahlversprechen“ durchsetzen will (die Grünen als 8,9%-Partei beharrlich bis um Schluß – das Nein der FDP ist verständlich, sie wäre „zurückgeblieben“).
Es wurde daher auch – für diese Phase – zu detailreich verhandelt.

C. Einzelfehler

1. der Verhandler:
Beim Thema „Zuwanderung/Flüchtlinge/Familiennachzug“ sprechen alle nur von „Asylanten“ – das ganze Thema kann aber nicht sachgerecht behandelt werden,
wenn nicht klar zwischen
-Asylberechtigten (wenn ethnische und religiöse Gründe)
-uneingeschränkt Schutzbedürftigen (politisch verfolgt – wegen Partei, Berufsstand ..)
subsidiär Schutzberechtigten (von Krieg Gefährdete)
unterschieden wird.
Das wäre ohnehin international (UNO, Genfer Flüchtlingskonvention) geregelt, führt aber zu unterschiedlichen Maßnahmen.
Ob die Verhandler die vorgegebenen Zahlen korrekt bearbeitet haben, kann ich ohne Einsicht in die Texte/Protokolle nicht beurteilen. Der Eindruck ist: wohl nicht.

2. von Einzelparteien:
Dem Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit der CSU-Mannschaft („Prokura“?) ist entgegenzuhalten, dass ein Herr Söder in den Streitfragen keine andere Haltung eingenommen hätte, eher eine schärfere. Das wissen eigentlich alle – man sollte der ausserbayerischen Öffentlichkeit da nichts vorgaukeln.
Die CSU hat sich aber selbst geschwächt, indem sie auf den einfacher handhabbaren da antragspflichtigen Nachzugsanteil von Flüchtlingen ausgewichen ist
und nicht generell zielstrebig auf eine international-anteilige Aufnahmepflicht und -fähigkeit Deutschlands und deren juristische Verankerung zugesteuert ist. Denn darum geht es wirklich! (Ich werde im Falle von Neuwahlen jede Partei, die dem widerspricht, in der Öffentlichkeit zur Rede stellen!)

3. in den öffentlichen Reaktionen:
Das soeben Festgestellte gilt umso mehr für die Medien und die Öffentlichkeit. Sehr eindeutig werden die von der IAB (Bundesaentur für Arbeit) für Ende 2017 prognostizierten Aufenthaltsberechtigten (400.000 Erwachsene uneingeschränkt – mit den Frauen?, 200.000 eingeschränkt da subsidiär) in der Diskussion um den Familiennachzug undifferenziert und nach Belieben verrechnet:
-Bei der ersteren Gruppe werden die Verfahren weitgehend abgeschlossen und mehr Familien bereits vollzählig hier sein
-bei der zweiten Gruppe müsste erhoben werden, wieviel Familen und wieviele (männliche?) Einzelpersonen bereits anerkannt sind, wieviele Familien im Verfahren sind und wie (überwiegend?) groß die Zahl der Einzelantragsteller ist. Kann man da jeweils eine Ehepartnerin/Verlobte annehmen und wie viele Kinder, wie viele alte Elternteile?
Die Zahlen für Antragsteller auf Zuzug ab 2018, die kolportiert werden (ob 60.000 oder 300.000 oder noch höher), sind fiktive Zahlen fürs Streiten –
es geht ohnehin um die dem E i n z e l l a n d Deutschland zumutbare Gesamtzahl a l l e r Zuziehenden/Aufzunehmenden!

MünchenBlick/ Walter Schober

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