München 9. November
Anlässlich des 10 järigen Bestehens unserer Münchner Haupt-Synagoge Ohel Jakob
wurde die höchste Auszeichnung der Jüdischen Kultusgemeine, die Ohel-Jakob-Medaille in Gold an die Bundeskanzlerin
Fr. Dr. Merkel verliehen
Am zehnten Jahrestag der Einweihung der neuen Münchner
Hauptsynagoge Ohel Jakob würdigte die Kultusgemeinde mit ihrer höchsten Auszeichnung
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkels herausragende Verdienste um das Judentum in
Deutschland, ihren entschlossenen Einsatz gegen jede Form von Antisemitismus und ihr
entschiedenes Bekenntnis zum jüdischen Staat Israel.
Präsidentin Dr. h.c. Charlotte Knobloch erinnerte in ihrer Begrüßung an den 9. November 1938,
die „Reichspogromnacht“. Bewusst sei an jenem Datum, 68 Jahre später, die neue Münchner
Hauptsynagoge als Zeichen der Hoffnung feierlich eröffnet worden – „den Blick nach vorne
gerichtet, für unsere Nachkommen, für deren Zukunft – in Sicherheit, Frieden und Freiheit“.
Knobloch sprach von einer „ungeahnten Initialzündung“, „landauf landab entstanden seither
Synagogen und Gemeindehäuser. Judentum hat in Deutschland wieder eine erkennbare Präsenz
– bauliche Symbole einer selbstverständlichen, vitalen Zukunft.“
Bei allem Grund zur Freude seien aber auch Rückschritte zu benennen, so Knobloch. „In Europa –
auch hierzulande – herrscht regelrecht eine braune Renaissance.“ Der islamistische Terror könne
jederzeit jeden treffen. „Angst, Unsicherheit und Wut verändern uns und unsere Gesellschaft.
Wir mussten lernen, dass Menschen, denen wir mit Toleranz begegnet sind, unsere Werte nicht
akzeptieren, gar verachten.“ Darauf müsse der wehrhafte Staat mit ultimativen Konsequenzen
reagieren. „Wir erleben, dass Antisemitismus immer offener, ungeniert und auch gewaltsam
geäußert wird.“ Zu viele hätten sich an antijüdische Ressentiments gewöhnt. Umso mehr dankte
Knobloch dem Bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer für seine verlässliche
Freundschaft an der Seite der jüdischen Gemeinschaft und des Staates Israel.
Über die Preisträgerin, Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, sagte Knobloch: „Sie steht wie keiner
ihrer Amtsvorgänger in unverrückbarer Entschlossenheit, Eindeutigkeit und Glaubwürdigkeit,
beherzt und kämpferisch an der Seite der jüdischen Menschen in Deutschland und des Staates
Israel.“ Das entspreche ihrer tiefen Überzeugung. „Es ist Ausdruck eines gereiften Geschichtsund
Verantwortungsbewusstseins und ihrer menschlichen Haltung.“ Die Sicherheit Israels sei für
sie Teil der Staatsräson unseres Landes. „Die Sicherheit und die Geborgenheit jedes einzelnen
jüdischen Menschen in Deutschland sind für Sie Teil der Staatsräson unseres Landes – und mehr
als das: Sie sind Ihnen Herzensangelegenheit, niemals verhandelbar, keine leeren Worte.“
Der Laudator, Rabbiner Dr. Arthur Schneier, Oberrabbiner der Park East Synagoge New York und
Präsident der Stiftung „Appeal of Conscience“ nannte Merkel „eine Frau des Gewissens und der
Prinzipien“. Rabbiner Schneier betonte, dass Deutschland heute wieder eine große jüdische Gemeinschaft beheimatet. Schneier: „Sie haben auch das jüdische Leben in Deutschland wieder
aufblühen lassen. Die Bundesrepublik Deutschland steht beispielhaft ein für die Erinnerung und
Verantwortung, die aus einer tragischen Vergangenheit entspringt, sowie für den Geist der
Versöhnung. Über die Jahre hat sich eine besondere, eine verständige und kooperative
Beziehung mit dem jüdischen Volk und dem Staate Israel entwickelt. Ihre Grundlage kann und
wird nicht von denen verzerrt werden, die antizionistische Parolen verwenden, um ihren
Antisemitismus zu verbergen.“
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hob in ihrer Rede die Leistung der jüdischen Gemeinden für
die Integration der Zuwanderer aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion hervor und schlug
den Bogen zu den aktuellen Herausforderungen der Integration : „Dort wo Alt und Neu
aufeinandertreffen, braucht es Verständigung über Werte, Regeln, Gewohnheiten, um auf
einemgemeinsamen Fundament aufbauen zu können.“ Dazu gehöre insbesondere auch das
Wissen über die deutsche Geschichte: „Wir sind es den Opfern der Shoah wie uns selbst schuldig,
das Wissen um das Geschehene von Generation zu Generation weiterzugeben und uns
entschieden gegen die Bedrohungen durch Hass und Antisemitismus zu wenden.“ Mit Blick auf
das Erstarken des Antisemitismus bis in die Mitte der Gesellschaft hinein sagt die Kanzlerin: „Das
dürfen wir nicht ignorieren. Das muss entschiedenen Widerspruch finden, in Wort und in Tat.“
Die Israelitische Kultusgemeinde stehe, so die Kanzlerin, für Weltoffenheit und ein gutes
Zusammenleben im Freistaat Bayern und im ganzen Land, die Ohel Jakob Synagoge habe sich in
den letzten Jahren zu einem Ort des Dialogs und der Begegnung entwickelt: „Ich sehe dieses
großartige Engagement als ein Zeichen des Vertrauens in unser Land wie die Ohel-Jakob-
Medaille, die Sie mir verliehen haben.“
Horst Seehofer, MdL, Ministerpräsident des Freistaates Bayern sagte: „Der 10. Jahrestag der
Einweihung der neuen Münchner Hauptsynagoge Ohel Jakob ist ein großartiges Jubiläum für
unser Land. Mit der Synagoge und dem jüdischen Gemeindezentrum blüht jüdisches Leben
wieder im Herzen unserer Stadt. Unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger sind
unverzichtbarer Teil unseres Landes. Für dieses Glück unserer Gegenwart bin ich zutiefst
dankbar. Es ist für uns zugleich Auftrag und Verpflichtung. Hass und Gewalt haben in unserem
Land nichts zu suchen – Antisemitismus und Rechtsradikalismus haben hier keinen Millimeter
Platz! Die Bundeskanzlerin steht entschlossen und unbeirrbar an der Seite der jüdischen
Gemeinschaft in unserem Land. Ich gratuliere ihr zur Ohel-Jakob-Medaille in Gold. Möge
jüdisches Leben in Bayern auch in Zukunft blühen und gedeihen.“
Oberbürgermeister Dieter Reiter erinnerte an die Gräuel der Nationalsozialisten und betonte:
„Mit dem neuen Jüdischen Zentrum auf dem Jakobsplatz und vor allem auch der neuen
Hauptsynagoge Ohel Jakob ist nach alledem also erneut die Hoffnung gewachsen, dass wir nun
endlich zu jener Zusammengehörigkeit finden, die die Menschlichkeit schlechthin gebietet. Und
die wir nie wieder aus den Händen geben dürfen. Aus diesem tief empfundenen Gefühl heraus
war und ist uns die am 9. November 2006 feierlich eingeweihte neue Münchner Hauptsynagoge
auch so sehr viel mehr als ein aus der historischen Verantwortung erwachsenes Bedürfnis.“ Er
beklagte: „Antisemitismus ist in Deutschland kein Randgruppenphänomen und nicht auf Neonazi-
Kreise beschränkt.“ Aber die überwältigende Mehrheit der Münchnerinnen und Münchner zeige
hier seit langem Haltung und klare Kante. „Wir werden es nie wieder zulassen, dass sich die
Brandstifter mit ihrem Hass durchsetzen. Auch daran soll uns die Synagoge Ohel Jakob erinnern.“
Altoberbürgermeister Christian Ude schloss des Festakt mit einem umfassenden Dank „für dieses
Jüdische Zentrum, das einem brachliegenden Platz der Innenstadt endlich Gestalt und vor allem
Sinn gegeben hat, das ihn belebt, bekannt, beliebt und bedeutsam gemacht hat und dem
interessierten Teil der Welt ein neues, menschliches, tolerantes, durch Selbstkritik und
Verantwortungsgefühl gekennzeichnetes München-Bild vermitteln konnte.“ Ude wünschte der
Gemeinde „die Kraft und die Ausdauer, in den kommenden Jahrzehnten so zu bleiben wie im
ersten nach der Eröffnung: zuversichtlich trotz aller hoffentlich überwundenen Erfahrungen, einig
trotz aller Diskussionsfreude, von ansteckender Lebensfreude wie bei Chanukka und
Bürgerfesten bewiesen und stolz darauf, ein integraler, unverzichtbarer Bestandteil dieser Stadt
zu sein. In ihrem Herzen.“
Die Eröffnung der neuen Münchner Hauptsynagoge vor 10 Jahren hatte enorme symbolische
Kraft. Mit dem Bau der Synagoge und dem Umzug der Kultusgemeinde an den St.-Jakobs-Platz
besiegelte die jüdische Gemeinschaft ihr Selbstverständnis als fester Bestandteil der Münchner
Stadtgesellschaft und das endgültige Ende des Charakters als „Liquidationsgemeinde“, als die sie
1945 wiedergegründet worden war.
Die Eröffnung des neuen Jüdischen Zentrums in München war eine Initialzündung weit über
Bayern hinaus. In der ganzen Bundesrepublik entstanden in den folgenden Jahren jüdische
Gemeindezentren und Synagogen als bauliche Symbole eines vitalen Judentums in der Bundesrepublik Deutschland
Bilder zu der Feierlichkeit