„Mehr Wohnen“ – Münchens Pläne
„Mehr Wohnen“ – Münchens Pläne

„Mehr Wohnen“ – Münchens Pläne

In einer Pressekonferenz berichteten OB Dieter Reiter, Stadtbaurätin Prof. E. Merk, Kommunalreferent Axel Markwardt und die Geschäftsführer der beiden Münchner städtischen Wohnungsbaugesellschaften (Dr. Klaus-Michael Dengler, GEWOFAG; Hans-Otto Kraus, GWG) über die Programme, Ideen und Anstrengungen, das brennendste Problem der Stadt in den Griff zu bekommen: den Wohnungsbedarf, ja die bestehende Notlage – was Zahl und Finanzierbarkeit betrifft.
Es folgen Aufgaben bezüglich Infrastruktur – v.a. im Blick auf Verkehr (trotz vorhandener Stärken Münchens) und Kinderbetreuung und -bildung. Natürlich gibt es noch andere Aufgabenfelder.

München ist sehr attraktiv – wegen seiner wirtschaftlichen, wissenschaftlichen, kulturellen Potenz, wegen seiner Lage nahe Alpen und Seen, wegen der Lebensart hier. Bis 2030 rechnet man mit einem Zuzug von 200.000 Menschen. Doch wo sollen diese – zuzüglich zu den heute schon eine Wohnung Suchenden, zu den Jungfamilien aus heutigen Münchnern – wohnen und wie sollen alle die steigenden Wohnungspreise sich leisten können? Die Reichen und Gutverdiener können sich bedienen, für die ganz Unbemittelten wird gesorgt (obwohl ich da einige kenne, die durch den Raster fallen: „Es sind zu viele“ heißt es da) – aber was ist mit denen mit mittlerem, mit geringem Einkommen, den Kinderreichen und sonst Belasteten, den Auszubildenden?
Das bezahlbare Wohnen ist das Problem, die knappen Flächen, die Bewilligungsdauer und zuweilen auch die Akzeptanz durch die, die bereits wohnen!

Dabei ist die Stadt München nicht nur behauptet aktiver als andere, ist in manchem Vorreiter in Deutschland.
So zählte der Oberbürgermeister die Programme, die Sonderprogramme und Projekte auf, was dann die zuständigen Referatsleiter näher erläuterten und die beiden Geschäftsführer mit neuen Beispielen belegten. Aber Reiter machte auch die Privaten und die Umgebungsgemeinden zu Partnern in seiner Sorge.

1. München hat mit „Wohnen in München V“ für den Zeitraum 2012 – 2016 das größte kommunale Wohnungsbauprogramm Deutschlands mit einem Fördervolumen von 800 Mill Euro aufgelegt, zielt dabei mit innovativen Instrumenten auf Bezahlbarkeit durch verschiedene Gruppen. Für 2015 wurde mit 1.785 Wohneinheiten („WE“ abgek.) die Zielvorgabe 1.800 fast punktgenau erreicht (Gesamtzielzahl: 7.000 – was in den kommenden Jahren durch die 8.445 Genehmigungen d. J. sichergestellt ist. Große Bebauungsvorhaben, mit Baurecht wie z.B. in Freiham, sorgen vereinzelt für Vwrdoppelung).
2. Da die Stadt ihre eigenen Wohnungsbaugesellschaften nicht verkauft hat, hat sie für diese
als 1. Sonderprogramm das
„250 Millionen-Paket für die städtischen Gesellschaften 2016 – 2020“
aufgelegt und stellt dafür für 10 Jahre (also mit Ziel über 2020 hinaus) 250 Mill Euro zur Verfügung (bis 2020 eine Bareinlage von 15 Mill im Jahr, für beide zusammen).
Die GEWOFAG ist mit z.Zt. 35.000 WE die größte Vermieterin, die GWG folgt mit z.Zt. 28.000 WE (inkl. der Fremdverwaltungen). Aber sie verwalten nicht nur den Bestand (sind so ein Garant für langfristig sichere Mieten, mit ihrem Direktzugriff nicht ohne Einfluss auf den Gesamtmarkt, wenn auch begrenzt), sondern haben auch ehrgeizige Naubauprogramme. Damit sollen die Fertigstellungen schrittweise erhöht werden – ab 2018 auf ca 1.250 WE pro Jahr.

3. Das zweite Sonderprogramm ist „Wohnen für Alle 2016 – 2020“,
auf Initiative von OB Reiter vom Stadtrat dieses Jahr beschlossen. Bis 2019 sollen bis zu 3.000 neue geförderte Mietwohnungen entstehen – ca 1.500 durch GEWOFAG und GWG,
die gleiche Anzahl durch 135 Mill Euro Darlehen an private Investoren,
daher dezentral und integrierend über das Stadtgebiet auf städtischen und privaten Flächen zu verwirklichen. Die Ambition zielt auf Familien mit geringem Einkommen, Auszubildende junge Berufstätige und anerkannte Flüchtlinge.
Als Sofortprogramm sollen die beiden Gesellschaften bis Ende 2016/Anfang 2017 rund 1.000 WE fertigstellen, wobei eine referatsübergreifende Arbeitsgruppe gegenwärtig das gesamte Flächenportfolio der Stadt durchforstet. 8 Standorte mit 51.877 qm hat der Stadtrat bisher beschlossen, mit ersten Maßnahmen (z.B. am Dantebad) wurde bereits begonnen.

4. OB Reiter: „Wir ziehen alle Register, nutzen jedes mögliche Instrument, um bezahlbare Wohnungen zu erhalten und deutlich schneller neue Wohnungen zu bauen.“ Da das nicht allein ginge, brauche die Stadt Partner:
– die private Wohnungswirtschaft
– Eigentümer großer Liegenschaften wie Kirchen, Versicherungen, Stiftungen (Reiter appelliert an sie, Verantwortung zu übernehmen – auch für die eigenen Mitarbeiter; wenn man nicht selbst tätig sei: durch Mitarbeit)
Kommunen der Region in verstärkter regionaler Zusammenarbeit: durch ein von OB Reiter 2014 initiiertes
„Regionales Bündnis für Wohnungsbau und Infrastruktur“,
in dessen Rahmen er im März 2015 und im Mai 2016 zu umfang- und ergebnisreichen Regionalen Konferenzen eingeladen hatte, mit jeweils 350 bis Teilnehmern aus Politik, Wirtschaft, Verbänden, Vereinen, Verwaltung und Wissenschaft:
um auf Augenhöhe zu gemeinsamem Vorgehen zu kommen (Infrastruktur, Schulen – und eben Wohnen).
Gerade auch in den Regionen steckt ein großes Potential z.B. in der Umwandlung von Kasernenflächen.
Inzwischen wirkt es, trägt Früchte – in gemeinsamen Initiativen (auch dem Bund gegenüber) und konkreten Projekten.
– Nicht nur bezüglich Flächen (in München und im Umland): auch bezüglich der notwendigen Vwreinfachungen im Bau- und Planungsrecht ist ein dringender Appell an Land und Bund zu richten.

5. Die Stadt nimmt also nicht nur Geld in die Hand (Pkt 1-3) – sie sucht/reicht die Hand zu Partnerschaften (Pkt 3+4),
sie wird auch initiativ durch innovative Ideen und Programme,
durch stadtentwicklungspolitische Strategien und
durch Verwaltungsmaßnahmen im eigenen Hoheitsbereich (Baurecht):

5.1: Projekt der langfristigen Siedlungsentwicklung (LaSie),
um bis 2030 Flächen zu generieren in erster Linie durch
Nachverdichtung, Umstrukturierung und Neuentwicklung .
Ergebnis: Baurecht für ca 15.000 WE zw. 2013 und 2015, ca 24.000 Genehmigungen;
Abschätzung für nächsten 20 Jahre: über 61.000 WE.

5.2: Verfahrensoptimierung und Neuaufstellung zu mehr und schnellerem Baurecht
– durch Zuschaltung von mehr Personal: 65 im Bereich Stadtplanung, Baugenehmigung, verstärkte Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit (Stadtratsbeschluss vom März 2016)
– 48 im Kommunalreferat (jetzt am 20.7.)
Dazu hat ein Interfraktioneller Arbeitskreis unterschiedliche Verfahren untersucht, Optimierungspotenziale identifiziert und so auch die Zusammenarbeit verbessert.
– höhere Dichten in den neuen Bebauungsplänen (durch Satzungsbeschluss wirksam ab dem dem 2. Abschnitt für Freiham)
– Überprüfung der städtischen Satzungen und Standards (z.Zt.;darüber hinaus sind Land und Bund zuständig),
um kostengünstiger und kürzer bauen zu können – ohne die Nutzungsdauer der Bauten zu kürzen.
So hat der Stadtrat allein durch die Neufassung der Stellplatzsatzung eine größere Flexibilität eingeführt.

6. Neben der eigenen Bautätigkeit mittels genannter zweier Beine,
neben dem Instrument der Baurechtserteilung (mit dem Gesamtblick auf Stadtentwicklung, Versorgung der Bevölkerung und Gewerbe) hat die Stadt auch
das Kombinationsinstrument aus Grundstückvergabe und Baurechterteilung.
6.1: Vor 22 Jahren wurde die Sozialgerechte Bodennutzung SoBoN eingeführt – was in vielen anderen Städten vermehrt Nachahmer findet:
Auf privaten Flächen müssen die Privatbegünstigten 30 % für den geförderten Wohnungsbau zur Verfügung stellen. Dadurch werden jährlich ca 600 bis 700 geförderte WE errichtet.
6.2: Von den eigenen Wohnbauflächen werden 50 % für den geförderten Wohnungsbau verwendet –
die anderen 50 % werden nicht im Preiswettbewerb vergeben, sondern zum Großteil nach auf Zielgruppen ausgerichteten Konzeptausschreibungen, etwa für den Bau von Werkswohnungen oder Wohnungen für Auszubildende,
entweder nach
6.2.1: Konzeptionellem Mietwohnungsbau KMB mit einer 40- bis 60-jährigen Bindung, nicht in Einzeleigentum aufgeteilt (wie etwa im 99-jährigen Erbbaurecht) und in der Miethöhe durch den Mietspiegel gedeckelt, oder in einer
6.2.2: Förderung von Baugenossenschaften und Baugemeinschaften.
Dabei werden feste Flächenanteile zwischen 20 und 40 % an Mitbebauer abgegeben, auf deren Belange zugeschnitten (Konzeptausschreibung ohne Preiswettbewerb – also nicht mit renditeorientiertem Ansatz, nicht an Meistbieter).
Sie eisten wichtige Beiträge zum innovativen Wohnungsbau (wie z.B. besondere Wohnformen, energetisches und ökologiches Bauen, gemeinschaftlich nutzbare Räume).

7. Engagement für die Erhaltung bezahlbaren Wohnraumes (Bestandssicherung)
7.1: Erhaltungssatzungsgebiete, Abwendungserklärungen, Vorkaufsrecht
Es gibt im Stadtgebiet 20 solcher Gebiete mit rund 136.000 WE und 238.500 Bewohnern, die es vor Verdrängung durch Luxussanierungen und damit verbundenen Mietsteigerungen zu schützen gilt.
Zwischen 1993 und 2015 wurde in 73 Fällen das Vorkaufsrecht mit 1.o58 WE ausgeübt und kam es zu 406Abwendungserklärungen mit 6.871 WE. Insgesamt sind heute 516.108 qm geschützt.
Zuletzt gab es die Fälle mit der BayernLB/GBW AG und dem Kauf durch ein Augsburger Privatunternehmen, wo die Stadt zur Sicherung der Bezahlbarkeit ein teures Vorkaufsrecht ausüben musste (216 Mill Euro für 949 WE – wenn nicht in den allerletzten Tagen nochmals ein Ankauf nötig geworden ist).

Die beiden Referatsleiter konkretisierten übersichtsmäßig die Potentiale, Großprojekte, Regionalschwerpunkte sowie die städtische Grundstückspolitik im einzelnen. Sie sprachen über die Umwandlung von Gewerbeflächen in Wohnen und den Bedarf an neuen Gewerbeflächen (worüber die der zuständige Wirtschaftsreferent, 2. Bürgermeister Schmid, ja kürzlich geäussert hat).Anhand von Bauplänen wurden die Steigerungen angesprochen.
Weiters wurde der Genossenschaftliche Wohnungsbau und das Bauen durch Baugemeinschaften belegt. Es wurde auch die Frage von Hochhausbauten angeschnitten, wobei die Chefin des Planungsreferates erklärte, nicht grundsätzlich dagegen sei, aber dies nur bis 70/80 m sinnvoll sei (offiziell ist ab 24 m ein Hochhaus) , bei grösseren Höhe das „wirtschaftlicher Unfug“ sei (Die Aufwendungen für Treppen, Lifte und die Installationen übertreffen dann den Grundstückspreis-Vorteil). „Clusterwohnen“ sei der bessere Weg.

Die Chefs von GEWOFAG und GWG brachten dann konkrete aktuelle Beispiele für die neuen innovativen Wege im Wohnungsbau
(siehe oben), worüber aus gegebenem Anlass zu berichten sein wird.

MünchenBlick/ Walter Schober