Neben der Griechenlandfrage ist das Thema der Flüchtlingsaufnahme eines der drängendsten in unserer Gesellschaft – leider auch immer wieder durch die
Anschläge, die beschämend sind und auch grosse Sachwerte vernichten.
Fragen dazu:Sorgen diese Täter dafür, dass „das deutsche Volk“ eine Zukunft hat? Sind unsere eigenen Kinder wirklich lern- und bildungswillig? Werden wir in den nächsten Zeiten die gebrauchten Fachkräft haben, die unsere Gesellschaft und Wirtschaft benötigt?
Das Denken bereitet so vielen Probleme (nicht nur den Griechen).
Andererseits gibt es so viel Engagement und Hilfsbereitschaft, von Beamten und Sozialarbeitern im Einsatz und von Ehrenamtlichen!
Ich beginne aus zwei Gründen mit dem
1. Fastenbrechen im Zentrum für Islam (Hotterstrasse nahe Sendlinger Tor; der Bau in der Dachauerstrasse ist ja noch in Planung)
– Der Gastgeber hat etwa 60 Flüchtlinge zu einem vorgegebenen Termin eingeladen, nicht zu etwas, was extra für sie veranstaltet wurde: Sie sollten sich als Teil einer moslemischen Gemeinschaft willkommen fühlen, auch inmitten von etwa 20 Gästen aus der nicht-moslemischen Gesellschaft (so wie ich).
– Diese ca 60 Personen waren zu einem Großteil junge Leute, zB Studenten an der TUM – dazu zwei neu eingetroffene Familien mit Kleinkindern. Da ist der Bezug zur Demographischen Entwicklung der nächsten Jahrzehnte greifbar und die Diskussion dieser
Tage um ein Einwanderungsgesetz: dass uns Facharbeiter, Akademiker … willkommen sein sollen (Bluecard?), weil wir sie brauchen werden.
2. Vorige Woche haben der Chef der Stadtsparkasse München und OB Reiter (zugleich Vorsitzender des Verwaltungsrates der SSKM) einen Scheck von je 61.000 Euro an
Orienthelfer eV
(Christian Springer, seit April 2012, zZt 25 Mitglieder)
überreicht, damit die eingegangenen Spenden Münchner Bürger verdoppelt (Summe:244.000).
Das Fernsehen berichtet praktisch täglich von den Vorgängen in Syrien (Terror des sog. Islamischen Staates zusätzlich zum jahrelangen Bürgerkrieg), die praktisch die Hälfte der Einwohner Syriens zur Flucht veranlasst haben, um das reine Überleben – ohne etwas – zu sichern (Wir wissen, dass sehr sehr viele zu Tode kommen, verkrüppelt werden …).
Die Nachbarländer, insbesondere der Libanon und Jordanien, sind überlaufen und weit über ihre Kräfte hinaus belastet. Nur eine Spitze schlägt sich nach Europa zu uns durch. Der bestens bekannte Kabarettist Springer ist mehrmals im Monat vor Ort um zu helfen (Brot und Milch, Kinderbetreuung, Witwen, medizin. Versorgung .. sind einige Projekte). Aber besonders stehen die Kinder im Blick:
Sie haben teils Eltern und Geschwister verloren (nicht nur), ihr Heim (wie einfach es auch gewesen sein mag – es war Heimat), sie sind schwerstens traumatisiert. An gespendete Teddybären könne sich die Kleinsten klammern und schmiegen. Springer hat in einem Flüchtlingscamp beim Dorf Bar Elias eine Schule gegründet namens „Future Generation School“, weitere sollen und müssen folgen (SSKM-Vorstandsvorsitzender Ralf Fleischer: „Fahrkarte für junge Syrer in die Zukunft“ -und wie sie lernen wollen!), er hat Container und Müllfahrzeuge organisiert gegen bis 6 m hohe Müllberge.
Die Georg-von-Vollmar-Akademiee.V. hatte in diesem Jahr schon in einer sehr eindrucksvollen Feierstunde im Senatssaal des Landtages den
Waldemar-von-Knoeringen-Preis verliehen (ehemaliger Vorsitzender der SPD Bayern).
„Wenn die Hoffnung nicht wäre, würde das Leben aufhören“ (arabisches Sprichwort).
3. Damit kann nun auf die grundsätzlichen Fragen eingegangen werden – wie die evangelische Regionalbischöfin Susanne Breit-Kessler jedes Jahr auf sehr grundsätzliche Aufgaben/Tätigkeiten/Versäumnisse der Gesellschaft eingeht aus der Sicht christlicher Verantwortung, auf ihrem
Jahresempfang in der Allerheiligen-Hofkirche München, diesmal mit dem Motto „Menschen beherbergen“
.
Sie hat ihre Rede sehr geschickt begonnen mit der kulturellen Bereicherung durch Menschen von woanders: Mit dem Essen fängt es an (mit Beispielen belegt). Dann ging sie auf die Nachkriegsgeschichte ein („Volksdeutsche“ und andere). „Auf Dauer hat dieser Zustrom von Mneschen unser Land nicht gefährdet, sondern bereichert“. Dann haben wir Gastarbeiter angeworben – „nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell eine Horizonterweiterung. Wir wollen alle zusammen leben, wir können es.“
Nach dem Willkommen an die gerade auch an diesem Abend anwesenden Vertreter der anderen christlichen Kirchengemeinden, der jüdischen Gemeinden und der islamischen in Penzberg kam sie zu den Kernaussagen des Abends:
„Unsere Religionen müssen, wollen sie Gott wirklich die Ehre geben, andere Menschen achten“. Da ja die verschiedensten ehrenamtlich Aktiven eingeladen waren: „Wir brauchen intelligente Männer und Frauen wie Sie, die ein Menschenbild kultivieren, das von Respekt bestimmt ist… Auch Sie sind intensiv befasst mit dem Thema Asyl und Flucht – mit Menschen, die bei uns Zuflucht suchen, gerade auch dann, wenn sie scheitern. Unser Glaube lenkt das Augenmerk auf die persönliche Verantwortung des Mneschen vor Gott und seinen Mitmenschen, auf die Verantwortung für das öffentliche Bewußtsein, für Wahrheit und Wahrhaftgkeit. Wir stehen vor einer der größten Herausforderungrn… Die vorhandenen Strukturen reichen längst nicht aus, wir alle müssen nach zusätzlichen Möglichkeiten suchen.“
Die konkreten Ausführungen und Dankesworte müssen hier übergangen werden, erwähnt sei nur der Wunsch nach einer „politischen Diskussion über eine neue Konzeption der Migrationspolitik, die beherzigt, dass Asyl und Flüchtlingsschutz alleine nicht ausreichen,um jenen gerecht zu werden, die zu uns kommen. Hilfskontingente jenseits der Asylverfahren und nicht zuletzt auch ein großzügiges Einwanderungsrecht sind nötig, um Alternativen zu schaffen, Menschen Perspektiven zu eröffnen…Wir wollen als Kirche unseren qualifizierten Beitrag zur Diskussion leisten.“
Die Fakten des Zustroms und die Bemühungen der Politik wurden von Staatsminister Marcel HUber, dem Leiter des Lenkungsstabes der Staatsregierung, und vom unmittelbar befassten Regierungspräsidenten von Oberbayern, Christoph Hillenbrand, ehrlich angesprochen. Klare Worte namens der Münchner Zivilgesellschaft fand Oberbürgermeister Dieter Reiter: „Für uns und mich ist das ein selbstverständlicher Akt der Humanität,..
nicht nur unsere gesetzliche Verpflichtung .., bei der Aufnahme von Menschen in Not zu helfen…, konsequent und ohne Abstriche.“ Die bis Jahresende prognostizierten 12.500 Menschen lägen doch noch deutlich unter 1 % der Stadtbevölkerung – es stelle uns aber unbestritten auch vor enorme Aufgaben. Ihm machten zahllose persönliche Erlebnisse Freude: wie Bürger „einfach zupacken, wenn die Situation danach ruft. Beispielhaft denke ich da an die zahlreichen Helferinnen und Helfer, die bei Behördengängen, Arztbesuchen, Einkäufen, bei der Hausaufgabenhilfe, bei Rechtsberatungen und unzähligen weiteren Aktivitäten des täglichen Lebens beistehen…
Wir alle sind gefordert, uns weiterhin für eine
gelebte Willkommenskultur und eine solidarische Stadtgesellschaft einzusetzen.“ Das sei langfristig nur durch ein umfassendes Netzwerk aus Politik, Verwaltung, den Kirchen, gemeinnützig und ehrenamtlich arbeitenden Organisationen etablierbar: durch Engagement, Nutzung der Potenziale.
So wandte er sich ausdrücklich mit Worten des Dankes an die Eingeladenen, die für die
Hilfesuchenden „im wahresten Sinn des Wortes Türöffner in eine neue,unbekannte Welt“ seien. Die kirchlichen Sozialdienste in den Erstaufnahmeeinrichtungen, die Innere Mission München, die Kirchengemeinden leisteten unverzichtbare Arbei als Partner der Stadt – und der Zustrom werde weiter anhalten.
Das Schlusswort soll wieder die vom Glauben getragene Gastgeberin haben, wo sie das Wort eines Rabbi aufgreifend („Gott wohnt, wo man ihn einlässt.“) schloss mit:
„Lassen wir unsere Heimat ein Ort sein, an dem Gott gerne wohnt, weil wir menschlich sind.“
MünchenBLick/ Walter Schober