Die Diskussionen und Aktivitäten der letzten Wochen sind erbärmlich, nicht nur zum Kopfschütteln.
Die Wortwahl trifft nicht den Sinn der Worte (die die Medien eigentlich kennen sollten: siehe Artikel „Ab in den Deutsch-Semantik-Kurs, liebe Kollegen!“).
Beide grossen Parteien – insbesondere deren Führer – übertreffen einander an Populismus: Das Wort ist längst negativ geprägt, obwohl das lateinische „populus“ das Volk im Sinne des gebildeten, denkenden Bürgers meint (in Abhebung von der „plebs“). Da müsste man eigentlich den politischen A u f t r a g sehen zu „sachlicher Information“/“zum-Denken-Bringen“
und nicht zu Hetze, Auf-seine-Seite-Bringen („Genau, meine Meinung“, „wusste ich ja immer“,“empörend!“), auf der andern Seite auch nicht im Sinne von „Der greift durch“, „aus dem Weg räumen,was nicht populär ist“ –
wo diifferenzierendes Denken, ja überhaupt Denken nötig wäre; wo man aufklären müsste über das, was berechtigt ist, und nur die Fehler entschieden abzustellen sind.
1. Die richtige Herangehensweise – und das geschieht leider auch nicht bei der Neufassung des Gesetzes, das am 1.6. in Kraft tritt (aber auch falsch ansetzt):
Es muüsste bei der anfallenden Arbeit angesetzt werden: welche – wieviel – wo? Arbeit muss erledigt werden, Tätigkeit muss entlohnt werden!
Aber von welcher Art ist die Tätigkeit, wie ist das „Tätigkeitsbild“? Wer ist wozu legitimiert (und verpflichtet)? Was ist die Rolle der Zu-Arbeiter?
Dann erst kann über die Personen gesprochen werden, die zuarbeiten, über deren nötige Qualifikation und Kompetenz (oder Über-Qualifikation, die wegen fehlender Legitimation selbstverständlich nicht mit unserem Geld bezahlt werden dürfen, sondern von der Person, die zur thematisch-gedanklichen Arbeit verpflichtet ist, vom Volk beauftragt).
Und in einem dritten Schritt kann über die Beziehung der betroffenen Personen zueinander gesprochen werden.
Ich habe schon vor Wochen dargelegt (siehe Artikel „Der Bürger und seine politischen Vertreter, deren Erreichbarkeit und notwendiges Umfeld“):
Nur der/die Abgeordnete hat ein Mandat, kann Inhaltliches sagen und schreiben – Mitarbeiter nur auf Absprache und Diktat.(Eigenständige „Vorlagen“ sind problematisch)
Das ist aber normale Sekretariatsarbeit – keine Chefsekretärinnen-, keine Referenten-Arbeit.
Wenn die Tätigkeit so unattraktiv für Besser-Qualifizierte und gar Akademiker geworden ist – dann werden diese sie nicht tun wollen: Das Problem stellt sich dann nicht!
Praktikabilitätsfaktoren (Ort, unübliche Zeitpunkte…) und eine Vertrauensbasis müssen mitberücksichtigt werden. Aber diskriminiert soll auch niemand sein („Er/sie darf nicht“ – das kommt vom falschen Ansatz)
Was unter dem Strich billiger kommt – das zu fragen ist ebenfalls sinnvoll. Wer Steuermittel spart, darf nicht an den Pranger gestellt werden!!.
„Angemessen begrenzt“ und „Kontrolliert begrenzt“ (durch Dritte, durch Fachleute – die allerdings Geld kosten) wäre das Motto!
2. Gesellschaftlich und politisch sollte e i n Grundsatz uneingeschränkt gelten: der desVertrauensschutzes –
auf gegenständliche Fragen angewendet:
2.1. Wortlaut von Gesetzen und Richtlinien,
und da ist mit Beschluss vom 29.11.2000 mit 1.12.2000 (statt am 1.1.2001) eine Änderung des Bayerischen Abgeordnetengesetzes in Kraft getreten: mit u.a. Verbot der Beschäftigung von
Verwandten und Verschwägerten 1. Grades – mit der ausdrücklichen Maßgabe, dass dieser Satz 2 von Art. 6 Abs. 7 „auf die beim In-Kraft-Treten .. bestehenden Verträge keine Anwendung findet“:
ohne „wenn und aber“, ohne „Übergang“ und Fristsetzung. In den am 6.12. folgenden Richtlinien des Präsidiums heißt es wörtlich „auch über die Wahlperiode hinaus“ – was den vorbereitenden Diskussionen und v.a. Abstimmungen in den Ausschüssen entspricht („Für bestehende Verhältnisse gelte ein über die Legislaturperiode hinaus reichender Vertrauensschutz“, 8.11.2000; einstimmiger Beschluss).
Folglich darf jetzt nicht von „Übergangsregelung“ gesprochen werden, muss sich jeder betroffene Abgeordnete (samt Mitarbeiter/innen) darauf verlassen können, ohne diskriminiert
zu werden – auch nicht von der Exekutive (Ministerpräsident) und der Jurisprudenz (die Bezahlung aus öffentlichen Mitteln an sich).
2.2. Schutz von Beschäftigten: dass ihnen nicht gekündigt werden kann, solange (hier: Rechtsstellung des Abgeordneten=Vertragspartner als solcher, Anfallen der Arbeit) Bedarf ist,
solange sie ihre Verpflichtungen erfüllen und sie sich nichts zuschulden kommen lassen.
DieserVertrauensschutz des Bestehenden für jeden Beschäftigten (Entlohnung und Sozialleistungen) ist offensichtlich der Grund für die Ausnahme-Festlegung.
Dessen Verletzung darf auch nicht von einer politischen Partei verlangt werden (schon gar nicht durch eine „Arbeiter/Angestellten-Partei“ vom politischen Gegener).
2.3. Das Gesetzesantrag wurde von allen drei Fraktionen eingebracht und beschlossen, in den Ausschüssen mit Vertetern aller Parteien ausgehandelt und vertreten (nicht vom Fraktionsfreien; die
Grünen haben einen anfänglich abweichenden Antrag zurückgezogen; die FDP war nicht im Landtag vertreten und sollte sich heute zurückhalten).
Das Fakt wurde auch in Folge von Präsidium, Ältestenrat und der Interfraktionellen Arbeitsgruppe nie angezweifelt.
Infolgedessen sollten die Parteien zu dem stehen, was sie g e m e i n s a m beschlossen haben, und sich nicht populistisch bekämpfen.
3. Eine ganz andere Frage ist, ob die Durchführung optimal gelaufen ist. Eine stärkere Rolle des Landtagsamtes wurde zwar angesprochen, doch wegen der erheblichen Mehrkosten nicht weiter
verfolgt. Auflistungen (mit Nachweis von Steuer und Sozialabgaben) und Jahresabrechnung haben aus jetziger Sicht wohl nicht gereicht – da der von mir geforderte Ansatz nicht imm Blick ist.
Eine stärkere Eigenkontrolle der Fraktionen wäre zumindest angebracht gewesen.
4. Spezialfall Beschäftigungen erst ab Jahr 2000 (Abschlüsse Januar bis November)
4.1. Das Argument „Vertrauensschutz“ wird natürlich von Monat zu Monat schwächer.
4.2. Diskussionen um eine Gesetzesänderung (Vorbild Bundestag, dort aber bei weitaus besseren Leistungen; Erstanregung Diätenkommission 7/99:nicht aufgegriffen; Eigengremien und Präsident mit
Argumenten für Verwandtenbeschäftigung; Januar 2000 Antrag der kleinsten Fraktion, aber zurückgezogen; Mai Beratungen der einzelnen Fraktionen) bedeuten noch nicht, dass eine Änderung kommt –
einzelne Abgeordnete konnten je nach ihrer Situation (diese sollte man ernst mitbewerten!) lange damit rechnen, dass die Bestandsregelung bleibt: Da sollte für man nicht mit Vorwürfen kommen.
Erst im Juli 2000 wurde in der Interfraktionellen Arbeitsgruppe eine Änderung absehbar, aber bereits mit der Ausnahme „Altverträge“. Erst am 26.9. kam es zum gemeinsamen Gesetzesentwurf und bereits 2 Tage später zur 1.Lesung und dann zur weiteren Befassung der Ausschüsse.
4.3. Am 9.11. wurde im Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen (Vorsitz SPD) vom Mitberichterstatter (ebenfalls SPD) das zum 1.12. vorgezogene Inkrafttreten damit begründet, dass
„damit letztlich verhindert“ werde, „dass noch kurzfristig Arbeitsverhältnisse eingegangen werden“ (also bis zum üblichen 1.1.2001, bei Beschlussfassung am 29.11.00). Einstimmiger Beschluss
zur Einbringung ins Plenum.
Es war also die Absicht, diesen allerletzten Zeitraum auszuschließen!
4.4. Stichtag für die bestehenden Verträge ist im Gesetz der 1.12.2000 und im Antrag des einzelnen Abgeordneten auf die Aufwandserstattung für 2000 musste versichert werden,“ dass die
entsprechenden Verträge vor dem 1.12.2000 geschlossen wurden“.
Formal haben also alle auf der diese Woche veröffentlichten Liste Stehenden richtig und legal gehandelt – dem Sinne des Vertrauensschutzes Pkt.2 oben entsprachen die Letzten wenig. Man muss
den Einzelfall sehen (zB Ersatz für jemand anderen; auch die 2 Buben sehe ich nicht so streng – was sie erspart haben, wiegt doch mehr). Ich überlasse das Ihrem Urteil.
Ergebnis: Bitte weg von Hetze und Polemik und Neid – hin zu Sachlichkeit. Wer arbeitet, soll entlohnt werden – wer gearbeitet hat, soll sein Sekretärinnen-Gehalt behalten dürfen. Ude`s Populismus ist indiskutabel, Seehofers Populismus tut denen Unrecht, die gearbeitet haben, und unterscheidet nicht: was muss verteidigt werden und was verurteilt – er lässt alles als Unrecht erscheinen (v.a.mit der Rückzahlungsforderung)! „Aus dem Wege gehen“ ist immer sein Motto statt „einstehen plus abstellen“.
Wer hat von beiden das bessere Team?
walter.schober@cablemail.de